Foucault: Formationssysteme

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“Diese Formationssysteme dürfen nicht für unbewegliche Blöcke, für statische Formen gehalten werden, die sich von außen dem Diskurs auferlegen und ein für allemal seine Merkmale und Möglichkeiten definieren würden. Es sind keine Zwänge, die ihren Ursprung in den Gedanken der Menschen oder im Spiel ihrer Repräsentationen hätten, aber es sind auch keine Determinationen, die, auf der Ebene der Institu­tionen oder der gesellschaftlichen Beziehungen oder der Öko­nomie geformt, sich gewaltsam an der Oberfläche der Dis­kurse umschrieben. Diese Systeme – man hat schon mit Nachdruck darauf hingewiesen – ruhen im Diskurs selbst; oder vielmehr (da es sich nicht um seine Innerlichkeit und um das handelt, was sie enthalten kann, sondern um seine spezifische Existenz und um seine Bedingungen) an seiner Grenze, an jener Grenze, an der die spezifischen Regeln definiert werden, die ihn als solchen existieren lassen. Unter Formationssystem muß man also ein komplexes Bündel von Beziehungen verstehen, die als Regel funktionieren: Es schreibt das vor, was in einer diskursiven Praxis in Beziehung gesetzt werden mußte, damit diese sich auf dieses oder jenes Objekt bezieht, damit sie diese oder jene Äußerung zum Zuge bringt, damit sie diesen der jenen Begriff benutzt, damit sie diese oder jene Strategie organisiert. Ein Formationssystem in seiner besonderen Individualität zu definieren, heißt also, einen Diskurs oder eine Gruppe von Aussagen durch die Regelmäßigkeit einer Praxis zu charakterisieren.” (p. 108) #Foucault #Formationssystem #Diskurs #System #Grenze #Regeln #Praxis

Foucault, Michel, Archäologie des Wissens; übersetzt von Ulrich Köppen. Frankfurt/M.: Suhrkamp 1973.

Foucault: Der Diskurs

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„Der Diskurs in seiner tiefsten Bestimmung wäre keine ‚Spur‘? Und sein Murmeln wäre nicht der Ort der Unsterblichkeiten ohne Substanz? Man müßte also zugeben, daß die Zeit des Diskurses nicht die vom Bewußtsein den Dimensionen der Geschichte zugeschriebene Zeit oder die in der Form des Bewußtseins präsente Zeit der Geschichte ist? Ich müßte anneh­men, daß in meinem Diskurs nichts mein Überleben sichert? Und daß ich beim Sprechen nicht meinen Tod banne, sondern daß ich ihn herstelle; oder vielmehr, daß ich jede Innerlichkeit in diesem Außen beseitige, das für mein Leben so indifferent und so neutral ist, daß es zwischen meinem Tod und meinem Leben keinen Unterschied läßt?“ (p. 300) #Foucault #Diskurs #Leben #Tod

Foucault, Michel, Archäologie des Wissens; übersetzt von Ulrich Köppen. Frankfurt/M.: Suhrkamp 1973.

Foucault: Die Formation des Begriffs

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„Nicht die theoretische Wahl hat die Formation des Begriffs reguliert, sondern er hat sie durch die Vermittlung der spezifischen Regeln der Begriffsformation und durch das Spiel der Beziehungen, die er mit dieser Ebene unterhält, produziert.“ (p. 108) #Foucault #Begriff

Foucault, Michel, Archäologie des Wissens; übersetzt von Ulrich Köppen. Frankfurt/M.: Suhrkamp 1973.

Neu :: Sarasin: 1977: Eine kurze Geschichte der Gegenwart

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„1977 startete die RAF ihre »Offensive 77«, wurde in Paris das Centre Pompidou eröffnet, in Kalifornien der Apple II lanciert – und das Internet erfunden. Was bedeuten diese merkwürdigen Gleichzeitigkeiten? Warum sprach zur selben Zeit Jimmy Carter von den »human rights«, sprachen schwarze Aktivistinnen von »identity politics«, Esoteriker vom »New Age« und Architektinnen von »symbolischen Formen«? Warum gleichzeitig Punk, Disco und Hip-Hop? Und warum sagte Michel Foucault 1977: »Wir müssen ganz von vorne beginnen«?

Philipp Sarasin untersucht in seinem Buch die Linien, Muster und Ähnlichkeiten, die diese und andere Ereignisse des Jahres 1977 miteinander verbinden – und er erzählt davon, wie der Glaube an ein gemeinsames Allgemeines, der die Moderne formte, zu zerbröckeln begann. 1977 führt uns ein Jahr vor Augen, in dem nur die Unsicherheit gewiss und die Ahnung verbreitet war, dass die alten Koordinaten der industriellen Gesellschaft in Zukunft keine Orientierung mehr bieten würden. Eine phänomenale Zeitreise in die Geschichte unserer Gegenwart.“ #Sarasin #Foucault #1977 #Post-Moderne #Geschichte #Gegenwart

Sarasin, Philipp, 1977: Eine kurze Geschichte der Gegenwart. Berlin: Suhrkamp 2021. 502 S., ISBN 978-3-518-58763-8.

Foucault: Formationssysteme

Zitat

„Ein Formationssystem in seiner besonderen Individualität zu definieren, heißt also, einen Diskurs oder eine Gruppe von Aussagen durch die Regelmäßigkeit einer Praxis zu charakterisieren.“ (p. 108) #Foucault #Formationssystem #Diskurs #Praxis

Foucault, Michel, Archäologie des Wissens; übersetzt von Ulrich Köppen. Frankfurt/M.: Suhrkamp 1973.